Reversibles Hacken

Wie kommt man schnell zu neuen Ideen und wie prüft man diese frühzeitig auf deren Nutzen und Umsetzbarkeit? Gerade im Rahmen des digitalen Wandels (Digitale Transformation) im Zusammenhang mit dem Internet der Dinge ist dies eine essentielle Frage.

Bei vielen Projekten hat es sich bewährt, für erste Prototypen auf vorhandene Produkte zurückzugreifen und diese „nur“ anzupassen. Das ist gerade in frühen Projektphasen effizienter und günstiger, als etwas ganz von vorne zu bauen. Es geht darum, die Funktionsweise zu verstehen und für eigene Vorstellungen zu verändern. Oder wie es CCC-Gründer Wau Holland formulierte: „Ein Hacker ist jemand, der versucht einen Weg zu finden, wie man mit einer Kaffeemaschine Toast zubereiten kann“.

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Meist die größte Herausforderung und ein Garantiekiller: Das eigentliche Auseinandernehmen (hier am Beispiel einer Nespresso Pixie). Und nicht vergessen, Strom ist lebensgefährlich und ein Personenschutz-Adapter die mindeste Investition, ist einem sein Leben lieb.

Angenommen die Aufgabe besteht darin, dass eine Kaffeemaschine zum Beispiel intelligent und vernetzt sein soll (Stichwort Smart Home). Dann gibt es verschieden Wege, Ideen zu entwickleln und erlebbar zu machen. Diese unterscheiden sich jedoch ganz erheblich in den dafür notwendigen Fähigkeiten und Kosten. Zum Beispiel könnte ein Roboter die Maschine stellvertretend steuern. Es gibt zahlreiche Beispiele, wo dies erfolgreich jedoch meist nicht ganz günstig praktiziert wird. Es wäre auch einen Versuch wert, direkt in die Steuerung der Maschine über deren Programmierung einzugreifen. Einige Hersteller wie z. B. der Staubsaugerroboterhersteller iRobot oder der Dronenhersteller Parrot bieten dafür extra Programmierschnittstellen. Doch sollten diese fehlen, dann muss viel Aufwand betrieben werden wie z. B. Reverse Engineering. Oder man könnte auch die Hardware des Gerätes mit eigenen Komponenten zur Steuerung modifizieren, doch dies ist meist mit erheblichen Kosten und Risiken verbunden.

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Ob man nun die Sensoren und Schalter direkt am Bauteil oder an der Platine abgreift, ist eher eine praktische Frage. Bei der Nespresso Pixie lässt sich das glücklicherweise alles schön zentral machen. A und B sind die Tasten, C ist ist die Status LED und D für die Erdung.

Eine effiziente und kostengünstige Vorgehensweise ist das „Reversible Hacken“. Diese einfache Form des „Hacken“ nutze ich erfolgreich im Rahmen von Value Innovation Workshops bei denen neben der Ideenfindung auch Geschäftsmodelle entwickelt und mögliche Innovationen und deren technische Umsetzbarkeit überprüft werden (ein Artikel ist geplant).

Beim Reversible Hacken hier wird zwar auch in die Hardware des Gerätes eingegriffen, doch dies beschränkt sich auf das Abgreifen der vorhandenen Sensoren und Überbrücken der Aktoren wie Schalter. Die Funktionsweise der Sensoren und Schalter lässt sich in der Regel einfach ermitteln und die meist kostengünstigen Bauteile wie Optokoppler und Relais lassen sich normalerweise leicht wieder entfernen – zumal die grundsätzliche Funktionsweise des Gerätes ja eh weiterhin erhalten bleibt und zusätzliche Möglichkeiten nur drangeflanscht werden.

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Sieht schlimmer aus, als es ist: Die hinzugefügten Bauteile müssen nur noch mit einem Rechner verbunden und programmiert werden. Hier kommt das Arduino kompatible „Platinchen“ von blueIOT auf einem Steckbrett zur fliegenden Verdrahtung zum Einsatz.

Die zusätzlichen Bauteile müssen nun nur noch mit einem Einplatinenrechner wie Raspberry Pi und/oder Arduino verbunden werden. Schon stehen einem alle Möglichkeiten in Software zur Verfügung. Das geht in der Regel zügig von der Hand, wenn man einen Baukasten aus den notwendigen Bibliotheken und Codemustern parat hat. Meist ist es ja nicht mehr als ein paar REST-Aufrufe kombiniert mit Sensorwert/Ereignis lesen, Bedingung prüfen und Wert setzen. Zumindest für einen Prototypen reicht das häufig.

Falls Sie nun selber loslegen und eigene Ideen probieren möchten, dann sind Spielzeuge ein guter Startpunkt für eigene Experimente. Selbst vermeintlich defekte Geräte können so zu neuem Leben erweckt werden.